fot. Gunnar Klack, wikimedia, CC 4.0

‚Betonschiff‘ mit dunklem Geheimnis. Mäusebunker in Berlin

Der „Mäusebunker“ am industriellen Stadtrand von Berlin ist eine umstrittene Ikone des Brutalismus. Das Gebäude ähnelt einem Betonkriegsschiff mit blauen Kanonen. Seit den 1980er Jahren wurden im „Mäusebunker“ auf Initiative der Freien Universität Berlin Laborversuche an Tieren durchgeführt. Nach Beendigung der ethisch fragwürdigen Aktivitäten drohte der Abriss des Gebäudes, doch die Behörden stimmten auf Druck von Aktivisten einer Renovierung zu.

Mäusebunker

In den 1960er Jahren planten die Behörden der Freien Universität Berlin den Bau eines Labors für Tierversuche. Am Stadtrand von Berlin, genauer gesagt in Lichterfelde, gab es bereits einen kleinen Laborkomplex mit ebenso schwerer Betonarchitektur. Aus diesem Grund wurde das Ehepaar Hänska mit dem Entwurf eines neuen Gebäudes beauftragt. Gerd und Magdalena Hänska waren schon damals für ihre vielen modernistischen und vor allem konkreten Projekte in der Stadt bekannt.

Im Laufe der Entwurfsarbeit beendete Magdalena aus unbekannten Gründen ihre Zusammenarbeit mit Gerd. Gerd arbeitete weiter mit Kurt Schmersow zusammen, und der Bau begann 1971 und dauerte ganze zehn Jahre. Das Projekt rief sofort den Widerstand von Aktivisten hervor, und die Investitionskosten stiegen auf eine enorme Summe an. Nichtsdestotrotz wurde der Mäusebunker gebaut, und von dem Moment an, als er fertig gestellt war, begann er mit seiner schweren Architektur zu spuken. Interessanterweise wurde das Gebäude „Mäusebunker“ genannt, was natürlich mit den Aktivitäten des Labors zusammenhing, aber der offizielle Name war „Forschungsinstitut für experimentelle Medizin“.

Landschiff

Die Betonwände wurden von kleinen, pyramidenförmigen Fenstern durchbrochen. Diese Form war charakteristisch für Gerd Hänski, und der Professor, der den ungewöhnlichen Geschmack des Architekten prägte, war Peter Poelzig, der Sohn des berühmten Hans Poelzig. Die Betonstruktur ist gestaffelt und ahmt echte Kriegsschiffelemente nach. Auffällig sind die Brücke, das Deck und die gebänderten Fenster. Bemerkenswert sind auch die Lüftungsrohre, die an die blauen Kanonen eines Kreuzers erinnern.

photo by Cordgh, wikimedia, CC 4.0

Dort züchteten Wissenschaftler Mäuse, Hühner, Schweine und andere Labortiere, um Impfstoffe zu testen. Doch nicht nur die Tiere waren potenziell gefährlichen Stoffen ausgesetzt, da das Gebäude teilweise aus Asbest bestand. Außerdem starben mehrere Wissenschaftler aufgrund des langen Kontakts mit dem schädlichen Material. Nach fast 30 Jahren Betrieb wurde das Labor endgültig geschlossen.

Ungeheuer aus Beton

Das Gebäude war seit 2010 vom Abriss bedroht, doch im Laufe der Zeit konzentrierten sich die Behörden darauf, eine alternative Nutzung für das umstrittene „Schiff“ zu finden. Zahlreiche Ausstellungen, die die Einzigartigkeit der Architektur des Mäusebunkers zeigten, trugen dazu bei, das Gebäude zu retten, und im Jahr 2023 stellte die Stadt es unter Denkmalschutz. Interessanterweise war der nächste Eigentümer, die Charité, der ungewöhnlichen Architektur des Gebäudes nicht wohlgesinnt. Ein Professor des Krankenhauses nannte den Mäusebunker ein Ungeheuer.

Inzwischen gibt es viele Ideen für die Zukunft des Gebäudes. Eine Kunstgalerie, eine Kletterwand oder ein Serverraum könnten in den sterilen Räumen des ehemaligen Labors untergebracht werden. Konkrete Pläne zur Umsetzung dieser Ideen gibt es jedoch nicht. Die Rettung des Gebäudes vor dem Abriss hat Architekten und Fans des Brutalismus angesprochen, aber der Mäusebunker hat auch viele Gegner. Es ist kaum verwunderlich, dass eine so schwere und einschüchternde Architektur bei manchen negative Gefühle hervorruft. Außerdem schwebt über der Kriegsmaschine aus Beton immer noch das Gespenst der Tierversuche.

Quelle: Abandoned Berlin

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