In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde im Zentrum von Stettin einer der repräsentativsten bürgerlichen Wohnsitze in ganz Pommern errichtet. Das Gebäude hat Hunderte von Jahren überdauert und zeugt von der einstigen Macht und dem Einfluss der Familie Loitz, die das Gebäude errichtete. Auch die Hekatombe des Zweiten Weltkriegs, die wie ein Bulldozer über Stettin hinwegfegte, vermochte das Gebäude nicht zu zerstören. Heute gehört die gotische Residenz zu den bekanntesten und wertvollsten Denkmälern der Stadt.
Residenz einer reichen Familie
Der Bau des Gebäudes geht auf die Initiative des einflussreichen und wohlhabenden Hans II. Loitz zurück, dessen Familie zu jener Zeit eine bedeutende Rolle im wirtschaftlichen und politischen Leben der Stadt spielte. Die Familie Loitz verfügte über weitreichende Geschäftskontakte, leitete eine der größten Banken der Region und ihr Reichtum und ihr Ansehen reichten weit über die Grenzen Pommerns hinaus.
Architektur mit Flair
Die Residenz wurde an der Stelle eines älteren Gebäudes errichtet, das wahrscheinlich aus dem 15. Jahrhundert stammte. Der neue Familiensitz wurde im Jahr 1547 fertiggestellt. Der Bau war von unerhörter Pracht und zeugte von den Ambitionen und dem Ansehen der Familie Loitz. In Form und Größe stand das Gebäude im Einklang mit dem nahe gelegenen Schloss der pommerschen Herzöge, das gerade erweitert wurde. Es befand sich auf einem kleinen, zur Oder hin abfallenden Grundstück und war durch einen asymmetrischen Baukörper und einen repräsentativen Treppenturm gekennzeichnet. Das Gebäude wurde aus Backstein errichtet, die verputzten Fassaden waren mit einem für die spätgotische Architektur in Pommern typischen Maskenschmuck versehen.

Loitzer Mietshaus mit einer Fassade voller Details
Die Fassade auf der Seite der Kurkowa-Straße wurde nach dem Krieg unter Beibehaltung des siebenachsigen Grundrisses umgestaltet. Die Fensteröffnungen mit Stichbogen sind paarweise gruppiert und in ihrer Anordnung zwischen den Geschossen differenziert. Zu den charakteristischen Merkmalen des Gebäudes gehören die schrägen Fensterbänke und das Mauerwerk mit Trillium- und Eselsrückenmotiven. Eine Kopie der Renaissancetafel, die die Bekehrung des heiligen Paulus darstellt, wurde auf der Höhe des ersten Stocks angebracht. Das Original dieser Skulptur befindet sich in der Sammlung des Nationalmuseums in Szczecin.
Vom Herrenhaus zum Schweizer Hof
Nach dem Tod von Kurfürst Joachim II. im Jahr 1571, der sich bei der Familie Loitz stark verschuldet hatte, verlor die Familie ihre Zahlungsfähigkeit. Kurz darauf verließen die Mitglieder der Familie Stettin und zogen nach Nowy Dwór Gdański, nachdem sie Konkurs angemeldet hatten. Die Familienresidenz wurde dann von den pommerschen Herzögen übernommen. Nach dem Aussterben der Greifen-Dynastie fiel das Gebäude in die Hände des schwedischen Beamten Rosenhand. Im 18. Jahrhundert wurde das Haus von der Schweizer Familie Dubendorf erworben. In dieser Zeit erhielt das Gebäude eine neue Funktion als beliebte Konditorei, bekannt als Schweizer Hof.
Das Haus Loitz in den 1920er Jahren und heute. Quelle: Bildarchiv Foto Marburg und Szczecinolog, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Das Loitzer Haus – Zerstörung und Verwandlung
Im Laufe der Jahre wurde das Wohnhaus modernisiert und verlor dabei seinen ursprünglichen Charakter. Im 19. Jahrhundert wurde es schließlich in ein Mietshaus umgewandelt. Zu diesem Zweck wurde das Gebäude um ein Stockwerk aufgestockt, die Fenster wurden neu zugemauert und die beeindruckende Fassade wurde teilweise verdeckt. In diesem Zustand überlebte das Haus bis 1944, als bei den alliierten Luftangriffen auf die damalige deutsche Stadt Stettin die Innenräume und Dächer niederbrannten. Nur die Außenmauern, der Turm und die Kellergewölbe blieben erhalten. Die Altstadt selbst wurde buchstäblich wie vom Erdboden verschluckt. Die Verluste wurden auf mehr als 90 % geschätzt.
Wiederaufbau nach dem Krieg und neue Funktion
Das Loitz-Haus gehörte zu den ersten Denkmälern, die nach dem Krieg im nun polnischen Stettin wieder aufgebaut wurden. Zwischen 1951 und 1955 wurden unter der Leitung der Denkmalschutzwerkstatt die beschädigten Mauern und Dächer rekonstruiert und die Aufbauten entfernt, wobei die ursprünglichen Proportionen des Gebäudes wiederhergestellt wurden. Die vollständige Rekonstruktion der Ziergiebel und des Turmhelms wurde jedoch aufgegeben. Die völlig ausgebrannten Innenräume des Hauses wurden für die Bedürfnisse der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste hergerichtet. Zwei gotische Getreidespeicher wurden ebenfalls in den Komplex integriert und mit dem Hauptgebäude verbunden. Ursprünglich waren die Fassaden des renovierten Denkmals in weißen Farben gehalten. Erst nach stratigraphischen Untersuchungen im Jahr 2000 wurde der Backsteinfarbton der Fassaden wiederhergestellt, der dem ursprünglichen Aussehen des Gebäudes sehr nahe kommt.
Die Altstadt von Stettin in den 1930er Jahren und im Jahr 2020. Quelle: Bildarchiv Foto Marburg und Google Earth
Das Loitzsche Haus als Erbe der Spätgotik
Der Mietshauskomplex mit den angeschlossenen Getreidespeichern ist heute eines der wertvollsten Beispiele spätgotischer Bürgerbaukunst in der Region. Nach dem Krieg, als die Trümmer der zerstörten Altstadt beseitigt wurden, stand das Gebäude allein im Nirgendwo. Im Laufe der Jahre wurde seine Umgebung systematisch mit Neubauten ergänzt, mehr oder weniger erfolgreich. Häufiger leider auch weniger erfolgreich. Heute fungiert das Loitz-Haus als Sitz des Schulkomplexes für Bildende Kunst und setzt damit die Tradition eines Ortes von hoher kultureller und pädagogischer Bedeutung fort.
quelle: zabytek.pl
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