Das Mietshaus in der Wilcza 60 in Warschau ist ein originelles Beispiel für modernistische Architektur mit Elementen des Art déco. Das Gebäude, dessen Geschichte bis in die 1920er und 1930er Jahre zurückreicht, spiegelt sowohl die Entwicklung der Hauptstadt in der Zwischenkriegszeit als auch die Beteiligung seiner Erbauer an der Gestaltung des wiedergeborenen Polens wider.
Das Grundstück in der Wilcza-Straße 60 wurde im Jahr 1923 erworben. Die Initiatoren der Investition waren Mitglieder der 1879 in Riga gegründeten akademischen Gesellschaft „Arkonia“. Diese Vereinigung brachte polnische Studenten der Technischen Universität Riga zusammen und hatte zum Ziel, den Patriotismus, die Bildung von Moral, Ehre und persönlicher Würde unter jungen Menschen zu fördern. Nach dem Ersten Weltkrieg, als Polen seine Unabhängigkeit wiedererlangte, zog „Arkonia“ nach Warschau um und beteiligte sich am Wiederaufbau des wiedererstandenen Staates.
Zu den Mitgliedern von „Arkonia“ gehörten prominente Polen wie Adolf Ignatowicz-Łubiański, Architekt des Mietshauses in der Wilcza-Straße 60 und der Villa „Pod Skarabeuszem“, Professor Jan Nielubowicz, Pionier der polnischen Transplantationsmedizin, oder General Władysław Anders, einer der wichtigsten Befehlshaber der polnischen Geschichte.
Im Jahr 1929 wurde das kleine Gebäude auf dem Grundstück abgerissen und durch ein fünfstöckiges Mietshaus ersetzt. Der Architekt des Gebäudes war Adolf Ignatowicz-Łubiański. Im Jahr 1936 wurde der östliche Teil des Gebäudes mit vier Stockwerken und einer Terrasse angebaut, die ebenfalls von Ignatowicz-Łubiański entworfen wurde. Das gesamte Gebäude zeichnete sich durch seinen modernistischen Stil mit Elementen des Art déco aus. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Wilcza 60 schwer beschädigt. Die Fassade und das Dach wurden beschädigt, aber der Baukörper blieb erhalten. Nach dem Krieg wurde das Nebengebäude abgerissen und grundlegende Reparaturen durchgeführt, so dass das Gebäude weiter genutzt werden konnte.
Der technische Zustand der Fassade, die seit Jahrzehnten nicht mehr ernsthaft renoviert worden war, ließ in den folgenden Jahren zu wünschen übrig. Erst Ende 2022 wurde eine umfassende Renovierung der Vorderfassade abgeschlossen. Dabei wurden die oberen Fassadenteile in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild wiederhergestellt, mit einer neuen Putzschicht überzogen und in einer gedeckten, hellen Farbe gestrichen. Die unteren Stockwerke, die mit Sandstein mit kannelierter Struktur verkleidet sind, wurden einer gründlichen Konservierung unterzogen. Fachleute haben die Oberflächen von Verunreinigungen wie schwarzer Korrosion, Algen und Mikroorganismen gereinigt. Außerdem wurde sekundärer Zementmörtel entfernt, Hohlräume im Stein wurden ausgebessert und mit Fugen versehen.
Wilcza-Straße 60 vor und nach der Fassadensanierung. Foto: mamik/fotopolska.eu, Lizenz: CC BY-SA 4.0 und WhiteMAD/Mateusz Markowski
Nach Abschluss der Arbeiten erstrahlt der Sandstein wieder in seinem alten Glanz und in natürlichen Farbtönen, die von Grau über Gelb und Orange bis hin zu zartem Rosa reichen. Die Schaufenster der Geschäftsräume im Erdgeschoss des Gebäudes wurden nicht in die Renovierung einbezogen, da die Wohnungsbaugesellschaft keine Kontrolle über sie hat. Erwähnenswert sind hier die ursprünglich in den Fenstern des Erdgeschosses installierten Klappgitter.
Die Kosten für die Renovierung beliefen sich auf 175.000 PLN, wovon 48 % durch einen Zuschuss der Stadt Warschau gedeckt wurden. Nach Angaben des Rathauses sollen die Restaurierungsarbeiten fortgesetzt werden und auch andere Fassaden des Gebäudes umfassen, insbesondere die Fassade des Innenhofs, an der dringender Handlungsbedarf besteht.
Quelle: um.warszawa.pl
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