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Das Neue Theater in Leipzig – ein architektonisches Meisterwerk, das der Zeit und der Geschichte nicht standgehalten hat

Das an der Nordseite des Augustusplatzes gelegene Neue Theater Leipzig war eines der bedeutendsten Kulturgebäude der Stadt und der Vorgängerbau der heutigen Oper Leipzig. Es wurde zwischen 1864 und 1868 nach einem Entwurf von Carl Ferdinand Langhans erbaut und zeichnete sich durch seine klassizistische Architektur und beeindruckende skulpturale Details aus. Das Theater wurde während des Zweiten Weltkriegs zerstört und trotz seiner historischen Bedeutung 1950 endgültig abgerissen.

Der Entwurf des von Langhans entworfenen Gebäudes wurde von dem Leipziger Architekten Otto Brückwald im Detail ausgearbeitet. Das Theater, das am 28. Januar 1868 mit einer Inszenierung von Goethes Iphigenie auf Tauris eröffnet wurde, hatte 1.700 Sitz- und 300 Stehplätze. Es war für Schauspiel-, Opern- und Ballettaufführungen vorgesehen, wurde aber bald vor allem zur Heimat der Leipziger Oper, da es den Anforderungen eines Schauspielhauses nicht ganz gerecht wurde.

Das Neue Theater in Leipzig im Jahr 1900. Quelle: Photoglob AG, Zürich, Schweiz oder Detroit Publishing Company, Detroit, Michigan

Das Gebäude zeichnete sich durch seine außergewöhnliche bildhauerische Kunstfertigkeit aus. Die Fassade des Theaters war mit zahlreichen Kunstwerken geschmückt. Das Tympanon über dem Vestibül stellt die Poesie dar, die andere Künste inspiriert, und wurde von Hugo Hagen in Auftrag gegeben. Zu beiden Seiten des Tympanons befanden sich Akrotéren, die Apollo, Clio und Kalliope darstellten, während die Flachreliefs an den Seitengiebeln Bacchus und Ceres, die Herolde der Kultur, symbolisierten. Für ihre Ausführung waren Künstler wie Eduard Lürssen, August Wittig und Emil Schiele verantwortlich.

Das Gebäude im Jahr 1900 und 2022. Foto: https://codingdavinci.de und Roy Zuo, CC BY-SA 4.0, über Wikimedia Commons

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An der Vorderseite des Gebäudes befanden sich Büsten von 15 Dichtern, von Sophokles über Shakespeare bis Goethe, nach einem Entwurf von Hermann Knaur. Ein Springbrunnen mit Amor und Delphin und andere Art déco-Details vervollständigten das majestätische Ensemble. Die meisten der Skulpturen wurden in Berlin aus Zink gegossen und mit Bronze überzogen.

Die Rückseite des Theaters im frühen 20. Jahrhundert und im Jahr 2019. Foto von Deutsche Fotothek und MatteoBroc, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Während des Zweiten Weltkriegs, am 4. Dezember 1943, wurde das Theater durch alliierte Luftangriffe schwer beschädigt. Glücklicherweise waren die Schäden im Vergleich zu anderen deutschen Städten jedoch gering. Die Verluste betrafen vor allem die Altstadt, die nur teilweise wiederaufgebaut wurde. Andere Stadtteile konnten jedoch gerettet werden, so dass Leipzig heute über eines der am besten erhaltenen architektonischen Ensembles des 19. und frühen 20.

Der Augustusplatz in den 1930er Jahren und heute. Foto von Deutsche Fotothek und Derbrauni, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

In den Ruinen des Theaters blieben jedoch skulpturale Elemente wie das Tympanon und die Flachreliefs als Zeugnisse der früheren Pracht des Gebäudes erhalten. Nach dem Krieg wurde die Ruine trotz der Möglichkeit eines Wiederaufbaus 1950 von den DDR-Behörden endgültig abgerissen. Begründet wurde diese Entscheidung mit dem Wunsch, ein neues Theater zu bauen, das den Anforderungen der heutigen Zeit besser gerecht werden sollte.

Das Neue Theater in Leipzig im frühen 20. Jahrhundert und heute. Foto: Deutsche Fotothek und Google Maps

Das Neue Theater wurde zwischen 1954 und 1960 durch das neue Leipziger Opernhaus ersetzt, das von Kunz Nierade und Kurt Hemmerling entworfen wurde. Das Gebäude verbindet Elemente des Neoklassizismus und der Nachkriegsmoderne zu einem Bauwerk mit neuer Identität, das jedoch die musikalische Tradition Leipzigs fortführt.

Aagnverglaser, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Einige der skulpturalen Elemente haben überlebt und sind erhalten geblieben. So wurden 1993 anlässlich der 300-Jahr-Feier der Leipziger Oper etwa drei Tonnen schwere Segmente des Tympanons auf dem grünen Platz in der Nähe des heutigen Opernhauses aufgestellt und erinnern an den einstigen Glanz des Neuen Theaters.

Quelle: mahlerfoundation.org, rundfunkschaetze.de

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