Anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Linzer Mariendoms wurde am östlichen Ende der Kirche ein moderner Domcenter-Pavillon errichtet. Das Projekt ist eine funktionale Erweiterung des Domraums und eine symbolische Brücke zwischen dem religiösen Erbe Österreichs und den zeitgenössischen sozialen Bedürfnissen. Das Domcenter ist ein Ort der Begegnung, der Entspannung und der Besinnung in einem Umfeld von Kultur, Kunst und Geschichte, der sowohl Gläubige als auch kirchenferne Menschen willkommen heißt.
Domcenter – Informationen, Ausstellungen und Entspannung
Der neue 120 m² große Raum wurde im Frühjahr 2024, rechtzeitig zum Kirchenjubiläum, fertiggestellt. Es dient als Informationsstelle, als Ausgangspunkt für Führungen, als Ticketschalter und als Empfang für kulturelle und religiöse Veranstaltungen. Die Ausstellungen im Domcenter und in der angrenzenden Ostkapelle lassen die spirituelle, liturgische, pastorale und künstlerische Dimension des Doms neu entdecken. Durch den Einsatz von Multimedia und interaktiven Vitrinen können die Besucher die einzigartigen architektonischen Details, einschließlich der Glasfenster, aus nächster Nähe betrachten und sie in ihrer ursprünglichen Umgebung betrachten.
Eine Antwort auf die zeitgenössischen Herausforderungen der Kirche
Das Domzentrum ist Teil der umfassenden Restaurierungsstrategie des Mariendoms, die eine Antwort auf die aktuellen Herausforderungen der katholischen Kirche darstellt. Angesichts der rückläufigen Zahl der Gläubigen und der abnehmenden Rolle religiöser Einrichtungen in der Gesellschaft hat sich die Diözese Linc für Modernität und Offenheit entschieden. Anstatt den Raum zu verschließen oder zu säkularisieren, entschied sie sich für einen neuen, barrierefreien Eingang, der an das Foyer eines Museums oder eines Konzertsaals erinnert. Der Besucher gelangt zunächst in ein helles, einladendes Vestibül mit einem Café und einer Buchhandlung, von wo aus er durch die ehemalige Sakristei in das Innere der Kathedrale gelangt.
Domcenter Architektur inspiriert von der Geschichte
Das Domcenter lehnt sich architektonisch an die Formen von Leichtbauzelten und historischen Buden an. Es besteht aus drei Vordächern, die über dem Platz vor dem Dom zu schweben scheinen. Ihre Form, die an umgekehrte Gewölbe erinnert, verleiht der gesamten Struktur ein Gefühl von Leichtigkeit. Die Beschichtung aus geformtem Beton ermöglicht eine schlanke und umweltverträgliche Struktur. Im Laufe der Zeit absorbiert der Beton fast das gesamte Kohlendioxid, das bei seiner Herstellung freigesetzt wird.
Unauffällige Integration in das Denkmal
Aus Gründen des Denkmalschutzes konnte der Neubau nicht mit den Mauern der Kathedrale baulich verbunden werden. Jede der drei Schalen wird von einer einzigen Säule getragen, und ihre Struktur steigt zur Fassade hin an, ohne diese zu berühren. Die doppelte Schale der Vordächer besteht aus einer inneren, tragenden Schicht mit einer dreidimensionalen Wölbung und einer äußeren, zweiachsig gekrümmten Hülle, die sich auf die gotischen Bögen der Seitenschiffe bezieht.
Fassade der Kathedrale vor und nach dem Bau des neuen Gebäudes. Foto: Google Maps und Edward Beierle, Gregor Graf
Transparenz, Technik und Funktionalität
Das Innere des Domcenters wurde mit Blick auf die Klarheit der Funktionen gestaltet. Eine zentrale Theke führt die Besucher zu Informationsschalter, Café und Buchhandlung. Der gesamte Komplex, einschließlich der ehemaligen Sakristei und des Untergeschosses, verbindet architektonische Barrierefreiheit, moderne Technik und Multifunktionalität. Auf der Ebene -1 befinden sich technische Einrichtungen, Toiletten, Garderoben und Schließfächer. Aufzüge und Treppen ermöglichen eine effiziente Bewegung zwischen den drei Ebenen: dem Platz, dem Domzentrum und dem Hauptschiff der Kathedrale.
Technologien im Domcenter
HAINZL Gebäudetechnik war im Rahmen des Projekts für komplexe Elektroinstallationen verantwortlich, darunter Niederspannungsschaltanlagen, LAN-Verkabelung, Notbeleuchtung und ein Energiemanagementsystem. Auch die Klingelsteuerung wurde erneuert und neue Ausstellungsflächen integriert.
Dialog zwischen Modernität und Neogotik
Das Team aus Architekten und Ingenieuren stand vor vielen Herausforderungen. Die wichtigste bestand darin, eine moderne Form zu schaffen, die die historische Integrität der neugotischen Kirche aus den Jahren 1865-1924 nicht beeinträchtigt. Die Verbindung von Modernität und Respekt vor der Tradition gelang dank eines präzise entwickelten Konzepts und des Einsatzes fortschrittlicher Bautechnologien.
Entwurf: peter haimerl.architektur
Fotografien: Edward Beierle, Gregor Graf
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