Seit Jahrhunderten sind kirchliche Bauwerke sowohl ein Zeugnis des Glaubens als auch ein Symbol für das kulturelle und historische Erbe der Regionen, in denen sie errichtet wurden. Deutschland verfügt über zahlreiche Perlen der Sakralarchitektur, vom gotischen Dom in Köln bis zu den Barockkirchen in Bayern. Leider hat die industrielle Entwicklung, insbesondere der Betrieb von Tagebauen, oft einen Schatten auf das Schicksal dieser unschätzbaren Bauwerke geworfen. Eines der krassesten Beispiele ist der Dom St. Lambertus aus dem 19. Jahrhundert in Immerath, der im Januar 2018 abgerissen wurde, um Platz für die Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler zu schaffen.
Geschichte des Doms St. Lambertus in Immerath
Der Dom St. Lambertus in Immerath wurde zwischen 1888 und 1890 als eine der schönsten neuromanischen Kirchen des Rheinlandes erbaut. Der Architekt Erasmus Schüller ließ sich bei seinem Entwurf vom Baustil des 12. Jahrhunderts inspirieren, wobei er sich vor allem an der Kirche Maria Himmelfahrt in Andernach am Rhein orientierte. Ihre monumentale Form spiegelt den Wunsch wider, einen sakralen Ort zu schaffen, der Ästhetik und Funktionalität miteinander verbindet. Die Kirche hatte die Struktur einer dreischiffigen Basilika, die aus Tuffstein – einem für die Region typischen Vulkangestein – errichtet wurde. Besonders hervorzuheben sind die beiden massiven Fassadentürme, die einen markanten Punkt in der Landschaft von Immerath bilden. Das Innere wurde mit Kreuzrippengewölben ausgestattet, die dem Raum Eleganz und Leichtigkeit verleihen. Hinzu kamen zahlreiche architektonische Details – von den Bogenfriesen unter den Schieferdächern bis hin zu den reich verzierten Schlüssellochfenstern. Der Hauptchorraum war einbogig und endete in einer Apsis mit fünf schmalen Fenstern, durch die das Licht in den Raum strömte und eine ungewöhnliche Atmosphäre schuf. Die Außenfassade der Apsis war mit einem steinernen Kruzifix verziert, das in einer neuromanischen Nische stand. Die Seitenschiffe wurden durch Oberlichtfenster erhellt, und das Querschiff war mit massiven Rosetten verziert, die dem gesamten Gebäude Harmonie und Kohärenz verliehen.
Foto von Johan Bakker, CC BY-SA 4.0, über Wikimedia Commons
Zerstörung des Zweiten Weltkriegs und Wiederaufbau
Die am 9. Juli 1891 geweihte Kathedrale hat viele schwierige Zeiten überstanden, darunter auch die Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs. In den Nachkriegsjahren wurde beschlossen, die Kathedrale wiederaufzubauen. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten erstrahlt die Kirche wieder in ihrem ursprünglichen Glanz. Bis zu ihrem Abriss war sie ein wichtiges Zentrum des religiösen und kulturellen Lebens der örtlichen Gemeinde. Im Jahr 2013 wurde der letzte Gottesdienst in der Kathedrale abgehalten, da ein Ausbau des Bergwerks geplant war. Nach der feierlichen Entsakralisierung der Kirche wurde sie aufgegeben und zum Gegenstand einer Debatte über die Erhaltung des kulturellen Erbes und die industrielle Expansion.
Der Abriss der St.-Lambertus-Kathedrale und seine Folgen
Der Abriss der St.-Lambertus-Kathedrale war Teil eines umfassenderen Prozesses, der mit der Stilllegung des gesamten Dorfes Immerath verbunden war. Das Dorf mit mehr als 1.200 Einwohnern wurde nach und nach durch den RWE-Konzern umgesiedelt. Die Zerstörung der Kirche löste zahlreiche Proteste von Anwohnern, Aktivisten und Umweltschützern aus. Einige Elemente wie die Glocken, Fragmente des Kruzifixes und die Buntglasfenster wurden vor dem Abriss gerettet. In dem neuen Dorf, in das die Einwohner von Immerath umgesiedelt wurden, wurde eine Kapelle gebaut, und auf dem zentralen Platz könnte in Zukunft eine Nachbildung der Kathedrale errichtet werden. Für viele Einwohner bleibt jedoch die Geschichte des ursprünglichen Gebäudes unersetzlich.
Die Kathedrale vor und während des Abrisses. Photo by A. Nagel, CC BY-SA 4.0, über Wikimedia Commons und Raimond Spekking, über Wikimedia Commons
Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Geschichte der Industrie weichen musste, war das Schicksal der historischen Stadt Most in der Tschechischen Republik. Wir haben ihre Geschichte HIER beschrieben.
Quelle: aleteia.org, virtuelles-museum.com
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