Adrian Grycuk, CC BY-SA 3.0 PL, via Wikimedia Commons

Der Ch8-Wolkenkratzer: eine Ikone des Warschauer Modernismus

Hochhäuser prägen seit Jahrzehnten die Skyline von Warschau. Obwohl eine Ikone, der monumentale Palast für Kultur und Wissenschaft, jahrzehntelang die Richtung vorgab, traten im Laufe der Zeit seine Konkurrenten auf den Plan. Dieser Prozess beschleunigte sich besonders in den 1970er Jahren, als Architekten und Stadtplaner begannen, ein neues Zentrum für die Hauptstadt zu planen – modern, funktional und weniger ideologisch als das Geschenk Stalins, das die Stadt dominiert. In diesem Sinne wurde das so genannte Westwall-Projekt ins Leben gerufen, zu dem auch der Bau eines markanten Wolkenkratzers in der Chałubińskiego-Straße 8, bekannt als Ch8, gehörte.

Dieses Gebäude wurde zu einem der ersten Hochhaussymbole der Nachkriegsmoderne und zu einem Kontrapunkt zur sozialistisch-realistischen Pompösität, einem Vorboten der späteren Ambitionen Warschaus als Stadt mit globalem Charakter.

Chałubińskiego 8 – Skandinavische Modernität im kommunistischen Polen

Der Wolkenkratzer Ch8 wurde zwischen 1975 und 1978 nach einem Entwurf des polnischen Architektenteams Jerzy Skrzypczak, Halina Świergocka-Kaim, Wojciech Grzybowski, Jan Zdanowicz und Jerzy Janczak unter Beteiligung des schwedischen Unternehmens BPA Byggproduktion AB errichtet. Das Bürogebäude stand auf dem Gelände des ehemaligen Pomologiegartens und war von Anfang an Teil eines größeren städtebaulichen Plans zur Modernisierung des Stadtzentrums, des so genannten Westzentrums. Das neue blau-weiße Gebäude war 150 Meter hoch und damals nach dem Kulturpalast das zweithöchste Gebäude in Polen. Ausgestattet mit 12 Hochgeschwindigkeitsaufzügen, beeindruckte es nicht nur durch seine Größe, sondern auch durch seine moderne technische Infrastruktur. Der Wolkenkratzer sollte die Büros der Handelsbank und die Außenhandelszentrale beherbergen und symbolisierte die Bestrebungen der Volksrepublik Polen, an der Weltwirtschaft teilzunehmen.

Der wechselnde Name des Gebäudes

Der ursprünglich als Intraco II bezeichnete Wolkenkratzer war der kleine Bruder“ des zwischen 1973 und 1975 errichteten ersten Gebäudes der Reihe, des Intraco I in der Stawki-Straße, wurde jedoch bald informell als Elektrim bezeichnet, da sich dort der Hauptsitz von Elektrim befand, und später – in der Übergangsphase – auch als Oxford Tower, bevor er schließlich den vereinfachten, modernen Namen Ch8 annahm. Die Spitze des Wolkenkratzers dient seit vielen Jahren auch als riesiges Banner, auf dem die Namen und Logos verschiedener Unternehmen zu sehen sind. Seit 2012 ist das Gebäude im städtischen Register für historische Gebäude eingetragen.

Adrian Grycuk, CC BY-SA 3.0 PL, via Wikimedia Commons

Ch8 – Raum für Kunst

Anders als es den Anschein hat, beschränkt sich die Geschichte dieses Wolkenkratzers nicht auf seine Bürofunktionen. Zwischen 1979 und 1995 befand sich im Zwischengeschoss die Galerie für zeitgenössische Kunst „INTRACO II“, die von der Kunsthändlerin Lucyna Kubica und ihrer Tochter Ewa Bronikowska betrieben wurde. Sie war eine der ersten Initiativen dieser Art im Nachkriegspolen und bot einen Raum für Künstler, die im Geiste der Moderne schufen, fast im Gegensatz zur Ästhetik der staatlichen Galerien jener Zeit. Heute, nach fast fünf Jahrzehnten des Bestehens, muss das Gebäude an moderne Standards angepasst werden. Im Jahr 2022 beantragte der Eigentümer die Genehmigung zur Aufstockung des Gebäudes um sieben zusätzliche Stockwerke, wodurch sich seine Höhe auf 180 Meter erhöhen würde. Parallel dazu soll etwa 20 Meter südlich des jetzigen Hochhauses ein neuer Turm gebaut werden, der eine weitere Verdichtung des Hochhauswaldes in diesem Teil der Stadt einläuten wird.

Neue Highlights am Horizont – Lilium Tower

In unmittelbarer Nähe, zwischen dem Hochhaus in der Chałubińskiego-Straße 8 und dem ehemaligen Marriott-Hotel (jetzt Presidential), soll der Lilium Tower entstehen – ein 193 Meter hohes Gebäude mit Büro-, Hotel- und Wohnfunktionen, das die westliche Skyline von Śródmieście ergänzen wird. Für das seit vielen Jahren geplante Projekt wurde bereits eine Baugenehmigung erteilt, und die Arbeiten sollen bald beginnen.

Blick auf den westlichen Teil des Stadtzentrums heute und in Zukunft. Foto: Google Maps und APA Wojciechowski

Das Ch8 als Ikone der Moderne

Der Wolkenkratzer Ch8 ist heute ein Relikt der kommunistischen Modernisierung von Śródmieście und ein aktiver Teilnehmer an der zeitgenössischen Transformation der Warschauer Stadtlandschaft. Auch wenn seine Innenräume heute veraltet erscheinen mögen, erfüllt das Gebäude selbst immer noch eine wichtige symbolische Rolle als Pionier der modernen Hochhausarchitektur in Polen und als Vorbote von Transformationen, die immer spektakulärere Formen annehmen.

Quelle: warszawa.naszemiasto.pl, architekturaibiznes.pl

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