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Der Königsberger Dom: das überlebende Symbol einer zerstörten Stadt

Der Königsberger Dom auf der Insel Knipawa inmitten des Flusses Pregolese ist eines der wenigen Zeugnisse des alten Königsbergs, die die turbulenten Wirren der Mitte des 20. Jahrhunderts überstanden haben. Die aus Backstein im gotischen Stil errichtete Kirche diente jahrhundertelang als Sitz der sambischen Bischöfe. Heute ist es ein wertvolles Denkmal und ein bedeutungsvolles Symbol für das verlorene Erbe der Stadt, das während des Zweiten Weltkriegs fast vollständig zerstört und in den Nachkriegsjahren „zurückgeschlagen“ wurde.

Der Königsberger Dom – die Anfänge der Geschichte

Die Geschichte des Doms Unserer Lieben Frau und des Heiligen Adalbert in Königsberg geht auf das 14. Jahrhundert zurück, als Bischof Johann Clare einen Teil der Insel Kneiphof (Knipawy) vom Deutschen Orden erhielt und mit dem Bau einer neuen Kirche begann. Das Gotteshaus sollte die bestehende Kirche in der Altstadt ersetzen. Da der gewählte Standort unter Wasser stand, wurden Hunderte von Eichenpfählen unter die Fundamente gerammt, um den Boden zu stabilisieren. Die Bauarbeiten begannen um 1330 und dauerten fast 50 Jahre. Das Innere der Kirche wurde mit zahlreichen Wandmalereien und Skulpturen, hauptsächlich aus Holz, geschmückt. Einen besonderen Platz nahm die Renaissancestatue des Prinzen Albrecht von Preußen ein, die von dem niederländischen Bildhauer Cornelis Floris geschaffen wurde. Mit der Gründung der protestantischen Albrecht-Universität im Jahr 1544 wurde das Gotteshaus zu einer akademischen Kirche. Zu dieser Zeit begannen die lutherischen Gottesdienste und die Messen in polnischer Sprache – eine Tradition, die bis ins 18. Ursprünglich hatte die Kathedrale zwei Türme, aber nach einem Brand im 16. Jahrhundert wieder aufgebaut. Im Laufe der Zeit wurde er mit einer Uhr ausgestattet und beherbergte auch die berühmte Wallenrod-Bibliothek. 1695 wurde in der Kirche eine mächtige Orgel installiert, die im 19. Jahrhundert umfassend renoviert wurde.

Luftangriffe auf die Stadt während des Zweiten Weltkriegs

Im August 1944 führte die britische Luftwaffe Luftangriffe auf Königsberg durch. Der erste Angriff verfehlte sein Ziel, aber der zweite hatte katastrophale Folgen. Das historische Stadtzentrum, einschließlich der Insel Kneiphof, wurde fast vollständig zerstört. Das Rathaus, das Deutschordensschloss (wir haben HIER darüber geschrieben), zahlreiche Bürgerhäuser und Universitätsgebäude wurden in Schutt und Asche gelegt. Die gotische Kathedrale hatte etwas mehr Glück, ihre Mauern blieben trotz des Feuers erhalten. Eine Gruppe von etwa 40 Bewohnern flüchtete in die Gewölbe und überlebte wie durch ein Wunder die Zerstörung. In ganz Königsberg starben Hunderte von Menschen. Bis heute werden die Angriffe als „kulturelle Hinrichtung der Stadt“ bezeichnet.

Dom im frühen 20. Jahrhundert. Foto Kenan2, gemeinfrei, über Wikimedia Commons

Schlachten um Königsberg

1945 eroberte die Rote Armee nach einer viertägigen erbitterten Schlacht Königsberg und besiegelte damit das Schicksal der deutschen Stadt. Infolge der Kämpfe und des Beschusses starben noch mehr Zivilisten. Nach dem Krieg wurden die Grenzen Polens und seiner Nachbarländer neu gezogen. Königsberg befand sich trotz seiner ca. 700-jährigen Zugehörigkeit zu den deutschen Staaten in der damaligen Oblast Kaliningrad, die zur UdSSR gehörte. Aus diesem Grund wurde nach 1945 kein Versuch unternommen, die alte Stadt wiederaufzubauen. Ganz im Gegenteil. Die Reste der historischen Gebäude deutschen Ursprungs wurden systematisch entfernt und der Kneiphof in einen Park verwandelt. Nur die Backsteinruine des Doms blieb auf der ehemals dicht bebauten Insel stehen. In den 1950er Jahren gab es Überlegungen, die Reste des Gotteshauses komplett abzureißen, doch dieser Schritt wurde letztlich verworfen.

Neue Hoffnung für die Kathedrale

Der Durchbruch kam erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. In den 1990er Jahren wurde Königsberg für die Welt geöffnet, was die Voraussetzungen für die Restaurierung der Kathedrale schuf. Obwohl die Stadt deutliche Spuren des sozialistischen Städtebaus trug, begann in der russischen Gesellschaft das Interesse an der Vergangenheit der Region zu wachsen. Das Gotteshaus wurde trotz seiner germanischen Ursprünge allmählich als lokales Erbe betrachtet. 1992 wurde die Stiftung Kathedrale (russisch: Фонд „Собор“) mit dem Ziel der Restaurierung des Denkmals gegründet. Im Laufe der Zeit schlossen sich deutsche Gemeinden sowie Protestanten aus Deutschland und den skandinavischen Ländern dem Vorhaben an. Die neue Turmspitze wurde 1994 per Hubschrauber auf den Turm gesetzt, und in den folgenden Jahren wurden die Dachkonstruktion rekonstruiert, neue Uhren und Glocken installiert, die Glasfenster rekonstruiert und die äußeren architektonischen Details, einschließlich der Maswerki, Blenden und Strebepfeiler, restauriert. Das Innere der Kathedrale wurde hauptsächlich für Museums- und Konzertzwecke hergerichtet. Während der Arbeiten traten Probleme mit Setzungen des Gebäudes auf. Dies ist ein Phänomen, das noch aus deutscher Zeit bekannt ist. Es wurden auch Massengräber entdeckt – Hunderte von Skeletten, vor allem von Kindern, wurden unter den Trümmern gefunden. Ursprünglich ging man davon aus, dass es sich um Opfer von Bombenangriffen handelte, aber einige Zeugen brachten die Überreste mit der Evakuierung der Stutthof unterstellten Arbeitslager im Januar 1945 in Verbindung. Die Herkunft der Gräber ist bis heute nicht vollständig geklärt.

Königsberger Dom 1982 und 2014. Foto von Huhu Uet, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons und Зандер виктор, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Der Königsberger Dom heute

Heute erfüllt der restaurierte Dom eine Vielzahl von Funktionen: Er beherbergt eine lutherische Kapelle, eine orthodoxe Kapelle, ein Museum und einen Konzertsaal mit einer der größten Orgeln in Europa. Die wertvollste Stätte des Doms ist das Grab von Immanuel Kant, dem großen Philosophen, der als der „Weise von Königsberg“ bekannt ist. Er ruht in einem modernistischen Mausoleum an der nordöstlichen Ecke des Gebäudes. Das von Friedrich Lahrs entworfene Mausoleum wurde 1924 anlässlich des 200. Geburtstages des Philosophen fertig gestellt. Zuvor waren die sterblichen Überreste des Philosophen aus dem Inneren der Kirche in die neugotische Kapelle überführt worden, die im Laufe der Zeit verfallen war.

Königsberg oder Kaliningrad?

Nach dem Krieg erhielt die Stadt den neuen ideologischen Namen Kaliningrad. Er wurde zu Ehren des sowjetischen Aktivisten Michail Kalinin vergeben, dessen Name u. a. wegen seiner Mitverantwortung für das Massaker von Katyn umstritten ist. Im Jahr 2023 empfahl die Kommission für die Standardisierung geografischer Namen, den historischen Namen von Königsberg (und dem Gebiet Königsberg) wieder im Polnischen zu verwenden, der auf die reiche, jahrhundertealte Tradition der Stadt verweist, die einst ein Lehen der Krone des polnischen Königreichs war.

Quelle: sobor39.ru, visitrussia.com

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Das Zentrum von Königsberg in den 1920er Jahren und das heutige Königsberg. Foto: bildarchiv-ostpreussen.de und Google Earth

Der Dom in den Jahren 1992 und 2020. Foto von Jonn Leffmann, CC BY 3.0, über Wikimedia Commons und Zairon, CC BY-SA 4.0, über Wikimedia Commons