Unmittelbar an der Berliner Straße Unter den Linden und gegenüber der Humboldt-Universität steht eines der ergreifendsten Mahnmale des 20. Jahrhunderts: die Leere Bibliothek von Micha Ullman. Jahrhunderts: die Leere Bibliothek von Micha Ullman. Sie erinnert an die Ereignisse vom 10. Mai 1933, als Studenten des Nationalsozialistischen Studentenbundes, unterstützt von Professoren der Friedrich-Wilhelms-Universität (der heutigen Humboldt-Universität), unter musikalischer Begleitung von SA- und SS-Truppen mehr als 20.000 Bücher jüdischer, linker, liberaler und sozialkritischer Autoren verbrannten. Die Zeremonie fand in Anwesenheit einer Menschenmenge statt, die sich in der ehemaligen Universitätsbibliothek und auf dem damaligen Kaiser-Franz-Josef-Platz, dem heutigen Bebelplatz, versammelt hatte.
Historischer Hintergrund und Konzept
Bereits am 6. April 1933 kündigte der Deutsche Studentenbund eine landesweite Aktion „gegen den undeutschen Geist“ an, die in einer „Säuberung“ der Literatur gipfeln sollte. Die Ortsverbände erstellten schwarze Listen mit verbotenen Büchern, darunter jüdische, marxistische, sozialistische, feministische und als antideutsch geltende Werke. In Berlin versammelten sich am regnerischen Abend des 10. Mai 40.000 Menschen auf dem Opernplatz (dem heutigen Bebelplatz), um zu beobachten, wie 5.000 Studenten mit brennenden Fackeln marschierten, um einen Haufen beschlagnahmter Bücher in Brand zu setzen. Anwesend war auch Joseph Goebbels, Propagandaminister des Dritten Reichs, der in einer feurigen Rede (nomen omen) das Ende des „übertriebenen jüdischen Intellektualismus“ verkündete und symbolisch „die geistige Schlacke der Vergangenheit den Flammen anvertraute“. Im Mai 1933 fanden ähnliche Veranstaltungen in 34 weiteren deutschen Städten statt.
Die leere Bibliothek – Entwurf und Umsetzung
Anlässlich des 60. Jahrestages der Bücherverbrennung auf dem Bebelplatz schrieb der Berliner Senat 1993 einen Wettbewerb für die Gestaltung des Denkmals aus. Der Vorschlag des israelischen Künstlers Micha Ullman, der für seine Arbeiten zu den Themen Abwesenheit und Erinnerung bekannt ist, gewann. Sein Entwurf sah die Ausgrabung eines leeren Raums unter dem Platz vor – ein physisches und symbolisches „Erinnerungsloch“. Das Denkmal wurde am 20. Mai 1995 eingeweiht. Der Raum misst 530 × 706 × 706 cm und befindet sich unter einer Glasplatte in der Pflasterung des Platzes. Im Inneren befinden sich leere weiße Bücherschränke, die genau die Anzahl der 1933 verbrannten Bücher aufnehmen würden. Das Werk ist ein Beispiel für die so genannte Negativform, ein künstlerisches Motiv der Leere, das den Betrachter dazu zwingt, sich in den Raum unter seinen Füßen zu beugen. Der Innenraum ist klimatisiert, ständig beleuchtet und durch eine Glasscheibe geschützt, die aufgrund von Kratzern alle paar Monate ausgetauscht werden muss.

Die leere Bibliothek und ihre Symbolik
Das Denkmal befindet sich genau dort, wo früher die Bücher brannten, zwischen der ehemaligen Bibliothek und dem Hauptgebäude der Universität. Wenige Meter von der Hauptinstallation entfernt ist eine Gedenktafel mit einem Zitat von Heinrich Heine aus dem Drama Almansor (1820) in das Kopfsteinpflaster eingelassen:
„Das war ein Vorspiel nur,
dort wo man Bücher verbrennt,
verbrennt man am Ende auch Menschen.“
was soviel bedeutet wie:
„Es war nur ein Vorspiel,
wo man Bücher verbrennt,
werden am Ende auch Menschen verbrannt.“
Diese Worte, mehr als ein Jahrhundert vor dem Holocaust gesprochen, erhalten an dieser Stelle eine erschreckende Aktualität. Zumal Heines eigene Bücher auf Hitlers schwarzen Listen standen. Heute erinnert die Leere Bibliothek an die tragischen Ereignisse der Vergangenheit. Sie ist auch ein Ort des Nachdenkens über die Rolle der Erinnerung und die Freiheit der Meinungsäußerung. Ihr Schweigen sagt mehr als tausend Worte.
Quelle: visitberlin.de
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