Zum ersten Mal seit mehr als 10.000 Jahren streifen wieder Wildpferde durch das nordwestliche Hochland Spaniens. Dort wurde ein Projekt zur Wiederansiedlung von Przewalski-Pferden, der letzten echten Wildpferdeart der Welt, ins Leben gerufen. Im Jahr 2023 wurden 16 Exemplare in die Provinz Guadalajara gebracht. Heute zählt die Herde bereits 35 Tiere und ihre Anwesenheit ist ein sehr wichtiges und bedeutungsvolles Symbol für die Wiedergeburt der Natur. Die Rückkehr der Pferde nach Spanien ist eines der wichtigsten Wiederansiedlungsprojekte in Europa.
Ziel des von der Organisation Rewilding Spain durchgeführten Projekts ist es, die Population der ehemaligen Art wieder aufzubauen und das ökologische Gleichgewicht in einer Region wiederherzustellen, die seit Jahren unter Entvölkerung und immer häufigeren Bränden leidet. Es wird erwartet, dass die Rückkehr der Przewalski-Pferde der Umwelt und den örtlichen Gemeinden zugute kommt, die das Potenzial ihrer Umgebung wiederentdecken.
Geschichte der Wildpferde in Spanien
In der Höhle Cueva de los Casares in Zentralspanien, die vor 30.000 Jahren von Steinzeitmenschen eingerichtet wurde, sind zahlreiche Abbildungen von Wildpferden erhalten. Diese Tiere verschwanden vor 10 000 Jahren aus der Landschaft, wahrscheinlich als Folge der Massenjagd oder der Domestizierung. Nun aber kehren sie zurück, um wieder ein fester Bestandteil der Umwelt zu werden und deren Wiederherstellung zu unterstützen. Das Projekt „Rewilding Spain“ ist Teil des größeren Netzwerks „Rewilding Europe“, das darauf abzielt, ökologische Funktionen wiederherzustellen, die über Jahrtausende hinweg unbesetzt geblieben sind. Die Initiative wird von Pablo Schapira geleitet, einem Biologen mit langjähriger Erfahrung in der Wiederansiedlung von Arten in Afrika. Die Pferde in ihr Heimatland zurückzubringen, so sagt er, war für ihn ein besonderes Ereignis, das bis vor kurzem unmöglich schien.
Neben den Przewalski-Pferden haben sich in der Region auch Taurus-Rinder, die nach dem Vorbild des ausgestorbenen Auerochsen gezüchtet wurden, und halbwilde Pferde angesiedelt. Alle diese Arten erfüllen eine wichtige Funktion bei der Erhaltung des natürlichen Gleichgewichts der Umwelt.
Wiederherstellung des Gleichgewichts und Schutz vor Bränden
Eines der Hauptziele des Projekts ist die Verringerung der Bedrohung durch Brände, die in den letzten Jahren immer häufiger und heftiger geworden sind. Im Jahr 2005 zerstörte ein Brand in diesem Teil Spaniens mehr als 13.000 Hektar Wald und kostete 11 Menschen das Leben. Przewalski-Pferde ernähren sich von hohen Gräsern, die in Dürreperioden leicht Feuer fangen. Ihre Anwesenheit verhindert das Überwuchern von Grasland und verringert so die Gefahr der Brandausbreitung. Taurusrinder hingegen nagen Sträucher ab, fällen junge Bäume und dünnen das Gestrüpp aus, wodurch eine vielfältigere Landschaft entsteht, in der das Feuer auf natürliche Hindernisse stößt. In Kombination mit den Aktivitäten von Hirschen und halbwilden Pferden ergibt sich ein Mosaik aus Grasland, Buschwerk und Wald, das die biologische Vielfalt fördert und widerstandsfähiger gegen Brände ist.
Rewilding Spain hat derzeit Weiderechte für 23.000 Hektar und plant, diese bis 2030 auf 30.000 Hektar zu erweitern. Letztendlich soll die Initiative bis zu 850.000 Hektar umfassen.

Wildpferde als neue Perspektive für das „leere Spanien“
Die Region, in der Rewilding Spain tätig ist, ist eine der am dünnsten besiedelten in Europa. Für viele ihrer Bewohner ist das Projekt zu einer Chance für eine neue Lebensgrundlage geworden. Im Rahmen der Initiative sind 20 Personen, zumeist Einheimische, eingestellt worden.
Die Organisation arbeitet auch mit lokalen Unternehmern zusammen und unterstützt die Entwicklung des Ökotourismus. Es werden Mikrokredite für die Geschäftsentwicklung bereitgestellt, einschließlich des Kaufs von Fahrzeugen für die Organisation von Safaris, bei denen Touristen Herden von Tauruspferden und Rindern beobachten können. Ziel dieser Aktivitäten ist es, die Wirtschaft wiederzubeleben und das Image der Region zu ändern, die bisher als trostlos, unattraktiv und ohne Zukunft galt.
Wildpferde und die Zukunft des Projekts
Rewilding Spain plant, seine Aktivitäten auf weitere Tierarten auszuweiten. Derzeit laufen Vorbereitungen zur Wiederherstellung der Kaninchenpopulation, um die Voraussetzungen für die Rückkehr des iberischen Luchses, eines der am stärksten bedrohten Raubtiere Europas, zu schaffen. Die Organisation arbeitet auch an der Wiederansiedlung von Kastanien- und Bartgeiern, die eine wichtige Rolle bei der Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts spielen werden.
Wie Diego Rodriguez, der für die Überwachung des Projekts zuständig ist, betont, geht es vor allem darum, natürliche Prozesse wiederherzustellen, damit die Landschaft in Zukunft ohne ständige Eingriffe des Menschen funktionieren kann.
Nach Tausenden von Jahren beginnt die Natur des Iberischen Gebirges derjenigen zu ähneln, die der Mensch in prähistorischen Gemälden festgehalten hat. In den offenen Landschaften sieht man wieder Herden von Wildpferden galoppieren, Taurus-Rinder graben mit ihren Hörnern den Boden auf, und Luchse und Geier könnten in Zukunft zurückkehren. Es ist eine sehr optimistische Sichtweise und eine Hoffnung, dass der Mensch in der Lage sein wird, wieder aufzubauen, was er zerstört hat.
Quelle: resilience.com, news.mongabay.com
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