Das in Valencia ansässige Studio Viruta Lab unter der Leitung von David Puerta und María Daroz hat das einzigartige Wohnprojekt Casa Gesso entworfen. Sein Ziel ist es, die revolutionären feministischen Kunstwerke der 1970er Jahre der spanischen Künstlerin Ángela García Codoñer in die Sprache der zeitgenössischen Architektur zu übertragen. Dieses innovative Wohnhaus wird zu einem Raum der Reflexion über das künstlerische und soziale Erbe und überwindet die Grenzen zwischen Kunst, Architektur und Sozialkritik.
Casa Gesso ist als „Wohnleinwand“ konzipiert, die García Codoñers kritische Sicht auf die soziale Rolle der Frau widerspiegelt. Das Projekt ist von drei wichtigen Serien ihrer Werke inspiriert: Morfologías, Misses und Labores, deren Botschaften in den Räumen des Hauses neu interpretiert werden. Sowohl die Fassade als auch die Innenräume sind eine Hommage an die Ästhetik und die Ideen der Künstlerin und stellen gleichzeitig einen Dialog zwischen Kunst und Gegenwart her.
Die mit hellen Porzellanfliesen verkleidete Fassade des Gebäudes erinnert an die traditionellen Werkstätten, in denen die künstlerischen Werke entstanden sind. Die Aufteilung des Gebäudes in zwei Volumen – einen Tag- und einen Nachtbereich – gewährleistet die Funktionalität und schafft gleichzeitig ein Spiel aus Licht und Schatten, das den einzigartigen Charakter jedes Teils des Hauses hervorhebt. Der Innenhof, das Herzstück des Hauses, verbindet die Räume und sorgt für natürliches Licht und Belüftung.
Die Serie ‚Morfologías‘
Der zentrale Raum des Hauses bezieht sich auf die Serie Morfologías (1973), in der der Künstler stereotype Darstellungen des weiblichen Körpers entschlüsselt. Die geschwungenen Formen der Innenräume spiegeln die Dekonstruktion visueller Schemata wider und regen die Bewohner dazu an, zeitgenössische Wahrnehmungen von Geschlecht und Körperlichkeit zu überdenken.
Schlafzimmer ‚Misses‘
Das Hauptschlafzimmer ist von der Serie Misses (1974-1975) inspiriert, die die Objektivierung von Frauen in Schönheitswettbewerben kritisiert. Eine Kopfstütze, die an Chanel-Tweed erinnert, und ein Scheinwerfer anstelle einer traditionellen Nachttischlampe sind künstlerische Verweise auf die Ästhetik der oberflächlichen Eleganz und die medialen Stereotypen der Weiblichkeit.
Der Salon „Labores“
Der Salon ist eine Hommage an die Serie Labores (1975-1977), die sich mit dem traditionellen weiblichen Kunsthandwerk beschäftigt. Der Raum verbindet moderne Ästhetik mit Kunst und verwandelt das Handwerk in ein Vehikel für Gesellschaftskritik. Elemente wie Marmortische und ein Esstisch aus Mikrozement verstärken die Erzählung von der Verwischung der Grenzen zwischen Kunst und Handwerk.
Im gesamten Haus sorgen Naturholz, großformatige Porzellanfliesen und eine dezente LED-Beleuchtung für eine warme Atmosphäre. Jedes Detail, von skulpturalen Möbeln bis hin zu Textilien in neutralen Tönen, verstärkt die Intimität und den reflektierenden Charakter des Raums. Hervorzuheben ist der zentrale Innenhof als kompositorische Achse, die eine Harmonie zwischen Helligkeit und Geometrie herstellt.
Casa Gesso ist nicht nur ein Haus. Es ist ein architektonisches Manifest, das zeigt, wie Wohnräume über ihre Zweckmäßigkeit hinausgehen können. Der Entwurf von Viruta Lab geht über die Ästhetik hinaus und wird zu einem Ort des Dialogs über die Gleichstellung der Geschlechter, den Feminismus und die sozialen Narrative, die die Moderne prägen.
Projekt: Casa Gesso
Büro: Viruta Lab
Verfasser: Maria Daroz & David Puerta
Fläche: 145 Quadratmeter
Standort: Picanya, Valencia
Fotografie: David Zarzoso
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