Der Posener Stadtteil Jeżyce beherbergt einen beeindruckenden Komplex von Jugendstil-Stadthäusern von unschätzbarem architektonischen und historischen Wert. Die Stadt hat für 2023 angekündigt, dass sie von Jahr zu Jahr schöner werden sollen. Bisher wurden die Dächer, die Fassaden sowie die Glasfenster und architektonischen Details renoviert. In acht Jahren wurden dafür bereits fast 3 Millionen PLN ausgegeben. Das brennende Problem blieb das Mietshaus in der Roosevelta-Straße 8, das einem privaten Investor gehört. Gestern wurden Risse und strukturelle Veränderungen an der Wand des verlassenen Gebäudes aus dem späten 19. Jahrhundert festgestellt.
Die Feuerwehr evakuierte die Bewohner der benachbarten Gebäude und sperrte die Straße ab. Aufgrund der realen Gefahr einer baulichen Katastrophe entschied der Bezirksbauinspektor, dass das Mietshaus sofort abgerissen werden muss. Die Entscheidung wurde dem Anwalt der Eigentümer mündlich mitgeteilt. Am Montag wird die Entscheidung schriftlich bestätigt.
Das Mietshaus zur Zeit. Foto: Stadtverwaltung von Poznań
Das Mietshaus in der Roosevelta-Straße 8, das einem privaten Investor gehört, befindet sich seit Jahren in einem schlechten technischen Zustand, da seine Bewohner vor langer Zeit aus dem Gebäude vertrieben wurden. Wie Jacek Olech, der Anwalt des Investors, erklärt, hatte sich der Eigentümer seit langem um eine Renovierung des Gebäudes bemüht, aber die Bausubstanz war in einem so schlechten Zustand, dass eine Generalsanierung unmöglich wurde. Der Eigentümer forderte den Abriss des Gebäudes und seinen Wiederaufbau mit der Begründung, dass das Gebäude keinen außergewöhnlichen architektonischen Wert besitze.
Mietshaus in Roosevelt 8 im Jahr 2011. Foto von Roweraniak, Creative Commons 3.0
Das Problem, das die Verwirklichung dieser Pläne verhinderte, war die Aufnahme des Mietshauses in die Denkmalliste. Die Entscheidung, das Gebäude zu erhalten, stieß auf den Widerstand des Investors, der die Streichung des Objekts aus dem Register erwirken wollte. Obwohl das Landesverwaltungsgericht dem Eigentümer mit dem Hinweis auf ein Sicherheitsrisiko Recht gab, weigerte sich der Kulturminister, das Gebäude aus dem Denkmalverzeichnis zu streichen, und legte Kassationsbeschwerde ein. Seiner Meinung nach hat das Gebäude seine lesbare Masse, seinen architektonischen Ausdruck und seine Form behalten, die das Gebäude als Dokument der Architekturgeschichte und als deren materielles Zeugnis definieren. Damit wurde die Möglichkeit eines Abrisses und größerer Aktivitäten gestoppt.
In der Zwischenzeit war das Mietshaus im Laufe der Jahre immer mehr verfallen. Im Jahr 2021 verhängte der städtische Denkmalpfleger gegen den Eigentümer eine Geldstrafe von 40 000 Zloty, weil er das Gebäude nicht ordnungsgemäß gesichert und instand gehalten hatte. Doch auch diese Entscheidung wurde vor Gericht angefochten, was weitere Maßnahmen verzögerte. Gemäß Artikel 5 des Gesetzes über den Schutz und die Pflege von Denkmälern ist der Eigentümer verpflichtet, die Bedingungen für die Sicherung und Erhaltung des Denkmals in bestmöglichem Zustand, die Durchführung von Konservierungs-, Restaurierungs- und Bauarbeiten sowie die Nutzung des Denkmals in einer Weise zu gewährleisten, die die dauerhafte Erhaltung seines Wertes sicherstellt.
Mietshaus vor einigen Jahren. Foto von Tomasz Hejna LAGOMphoto
Gestern erreichte die Situation einen kritischen Punkt, als – wahrscheinlich infolge starker Regenfälle – schwere Risse und andere strukturelle Veränderungen an der Wand des Gebäudes auftraten. Die alarmierten Anwohner und Dienste reagierten sofort. Die derzeitige Situation lässt keine Illusionen zu: Poznan ist dabei, ein weiteres wertvolles Element seiner Architekturgeschichte zu verlieren. Vor kurzem wurde ein Mietshaus in der Kraszewskiego-Straße durch einen tragischen Brand zerstört, dessen Überreste nun abgerissen werden.
Quelle: wpoznaniu.pl, poznan.pl, radiopoznan.fm
Siehe auch: Architektur | Aufriss | Mietshaus | Poznań | whiteMAD auf Instagram
