Concord, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Paulinerkirche in Leipzig: Geschichte eines abgerissenen Denkmals

Die Paulinerkirche war eines der wichtigsten Bauwerke Leipzigs. Ein Ort, an dem Religion und Stadtgeschichte auf ungewöhnliche Weise miteinander verwoben wurden. Gegründet 1231 als Klosterkirche der Dominikaner, wurde sie nach 1409 zur Kirche der Universität Leipzig. Sie überstand beide Kriege fast unversehrt, bis sie 1968 auf Beschluss der kommunistischen Behörden der DDR abgerissen wurde. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde beschlossen, die Erinnerung an diese Kirche wiederherzustellen, indem an ihrer Stelle das moderne Paulinum gebaut wurde, das die Funktionen einer Aula und einer Universitätskirche vereint.

Geschichte der Paulinerkirche – Dominikanerkloster

Im Jahr 1229 kamen die Dominikaner nach Leipzig und begannen bereits 1231 mit dem Bau ihres Gotteshauses, der Paulinerkirche. Sie wurde im typischen Stil der Zeit erbaut: mit einem langgestreckten Baukörper, Chor und Seitenschiffen. Im Jahr 1240 wurde die Kirche von Erzbischof Wilbrand von Magdeburg geweiht. Die Paulinerkirche bildete den Mittelpunkt eines großen Klosterkomplexes innerhalb der Stadtmauern.

Paulinerkirche
Die Kirche am Ende des 19. Foto: Arwed Rossbach und seine Bauten. Berlin 1904, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Universitätskirche

Seit der Gründung der Universität Leipzig im Jahr 1409 ist die Paulinerkirche ein fester Bestandteil der Universität. Bereits ab 1419 wurden von der Universität Prediger berufen und in der Kirche Universitätsgottesdienste abgehalten. Nach der Reformation wurde das Kloster aufgelöst und Moritz von Sachsen schenkte die Gebäude am 22. April 1544 der Universität. am 12. August 1545 weihte Martin Luther die Paulinerkirche als evangelische Universitätskirche ein. Im Laufe der Jahrhunderte diente die Kirche als Begräbnisstätte für viele Professoren und ihre Familien. Im Laufe der Zeit diente die Paulinerkirche auch als Auditorium der Universität. Auch das musikalische Leben in der Kirche blühte auf: Johann Sebastian Bach selbst hielt zwischen 1723 und 1725 feierliche Gottesdienste ab. In der Paulinerkirche führte Bach zum Beispiel die Pfingstkantate „Wer mich liebet, der wird mein Wort halten“ (BWV 59) und das klagende „Laß, Fürstin, laß noch einen Strahl“ (BWV 198) auf.

Das 19. Jahrhundert und die architektonischen Veränderungen an der Paulinerkirche

Zur Zeit der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 wurde die Kirche als Lazarett und Lager für Kriegsgefangene genutzt. Im 19. Jahrhundert wurde der größte Teil des ehemaligen Klosters abgerissen und an seiner Stelle wurden neue Universitätsgebäude, darunter das Augusteum, errichtet. Aufgrund der Umgestaltung ihrer Umgebung erhielt die Paulinerkirche 1836 eine klassizistische Fassade von Albert Geutebrück, die 1897 nach einem neugotischen Entwurf von Arwed Roßbach wieder aufgebaut wurde.

Concord, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Zerstörung im Jahr 1968

Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem die Paulinerkirche keine schweren Schäden erlitt, kamen schwere Zeiten für sie. Im Jahr 1945 wurde der Augustusplatz in Karl-Marx-Platz umbenannt und die Universität Leipzig in Karl-Marx-Universität umbenannt. Die Pläne der Stadtverwaltung für die Neugestaltung des Universitätskomplexes sahen den Abriss der historischen Gebäude und den Bau eines neuen politischen und kulturellen Zentrums vor, um Leipzig als sozialistische Stadt zu präsentieren. Trotz der Einwände von Theologen, Studenten und einigen Anwohnern wurde am 23. Mai 1968 die letzte Messe in der Kirche gefeiert, und eine Woche später wurde die Kirche gesprengt. Ein Teil der Ausstattung konnte vor dem Abriss gerettet werden: Epitaphien, Statuen, ein Kruzifix und das berühmte spätgotische Altarbild, das sich heute in der Thomaskirche in Leipzig befindet. Neben der Kirche wurden auch andere Universitätsgebäude abgerissen und an ihrer Stelle ein neues Gebäude errichtet.

Neues Leben – Paulinum

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands kam die Idee auf, die historische Kirche zu restaurieren. Im Jahr 2007 begann der Abriss des veralteten Universitätsgebäudes und der Bau des Paulinums (vollständiger Name: Aula und Universitätskirche St. Pauli). Das neue Gebäude steht fast genau an der Stelle der ehemaligen Paulinerkirche. Der Entwurf stammt von Erick van Egeraat Associated Architects (EEA) aus Rotterdam. Die Architektur des Paulinums nimmt bewusst Bezug auf die Geschichte des Ortes. Das steile Dach erinnert an den neugotischen Giebel der ehemaligen Kirche, und die versetzten Fenster weisen auf den Einsturz des Gebäudes im Jahr 1968 hin. Auch die Masse der abgerissenen Universität und des Kirchturms werden teilweise nachgeahmt. Der Innenraum des Paulinums erfüllt heute sowohl eine sakrale als auch eine akademische Funktion. Er ist Schauplatz von Gottesdiensten, Konzerten und universitären Feierlichkeiten.

Quelle: uni-leipzig.de

Lesen Sie auch: Architektur | Kirchenbau | Denkmäler | Deutschland | Geschichte | Wissenswertes

Universität und Kirche im Jahr 1917 und heute. Foto von Wolfgang Sauber (Xenophon)/Wikimedia Commons und Google Maps

Die Kirche im Jahr 1900 und 2024. Foto von Hermann Walter (1838-1909), gemeinfrei, über Wikimedia Commons und Google Maps