Am vergangenen Mittwoch (5. Februar) ereignete sich im Eisenbahnausbesserungswerk in Danzig die größte Katastrophe in seiner mehr als 100-jährigen Geschichte. In einer der historischen Hallen brach ein Feuer aus, das noch aus vielen Kilometern Entfernung zu sehen war. Das Feuer breitete sich sehr schnell aus, begünstigt durch die Holzkonstruktion des mit Teerpappe gedeckten Daches. Das Feuer griff auf einen großen Teil der Gebäude über und verursachte enorme Schäden. Die Löscharbeiten, an denen mehr als 80 Feuerwehrfahrzeuge und fast 300 Rettungskräfte beteiligt waren, endeten in der Nacht, dauerten aber bis in den Morgen hinein an. Bei dem Feuer verbrannten unter anderem 1.500 öffentliche Fahrräder des Mevo-Systems und 1.000 Batterien. Der materielle Schaden geht in die Millionen, der Verlust an historischem Wert ist unermesslich.
Zakłady Naprawcze Taboru Kolejowego in Gdańsk – Anfänge
Die Eisenbahnwerke in der Siennicka-Straße in Danzig wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet und zwischen 1910 und 1920 erbaut. In den folgenden Jahrzehnten wurden sie modernisiert und an immer neue Funktionen angepasst. Sie wurden als Haupteisenbahnwerk Danzig-Troyl (EHW Danzig-Troyl) gegründet und spielten viele Jahre lang eine wichtige Rolle für die Industrie der Region. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden die Werke aufgrund des Versailler Vertrags von 1922 für 50 Jahre an das internationale Unternehmen International Shipbuilding & Engineering Co Ltd, auch bekannt als Danziger Werft und Eisenwerkstatten AG, verpachtet. Miteigentümer des Unternehmens waren die Bank Handlowy in Warschau (20 Prozent), die Freie Stadt Danzig (20 Prozent), Cravens Ltd aus dem Vereinigten Königreich (30 Prozent) und die französische Danzig Industrial Group (30 Prozent).
Eisenbahnausbesserungswerk in Danzig in den 1920er Jahren Quelle: Pomeranian Digital Library
ZNTK in Danzig während der Besatzungszeit und in späteren Jahren
Während des Zweiten Weltkriegs kam das Werk unter die Verwaltung der Deutschen Reichsbahn und wurde als Reichsbahnausbesserungswerk betrieben. Zwischen 1942 und 1945 wurden hier Torpedobootsrümpfe für die deutsche Kriegsmarine hergestellt. Einer der zurückgelassenen Rümpfe (35 Meter lang) wurde zur Nordwerft transportiert und unter dem Namen „Julia“ zu einem Sportboot für die Danziger Reederei umgebaut. Nach 1945, nach der Eingliederung von Danzig in Polen, änderte das Unternehmen seinen Namen in Gdańsk-Trojaner Hauptwerkstätten und dann in PKP-Eisenbahnwerkstätten. Im Jahr 1952 nahm es den Namen Zakłady Naprawcze Taboru Kolejowego an. Zu dieser Zeit überstieg die Zahl der Beschäftigten 3.000. Die Danziger Werke beaufsichtigten zeitweise auch die ZNTK in Slupsk. Die Danziger Werke waren auch an der Modernisierung der Berliner S-Bahn-Wagen beteiligt, die für den Einsatz bei der Dreistadtschnellbahn angepasst wurden. Dieser Prozess wurde zunächst vom ZNTK in Luban (1948-1955) und dann vom ZNTK in Gdansk (1957-1963) durchgeführt.
Der heutige Betrieb der Anlagen
Gegenwärtig ist das Unternehmen Zakłady Naprawcze Taboru Kolejowego i Miejskiego Sp. z o.o. auf der Hafeninsel in Gdańsk tätig und auf die Wartung und Reparatur von rollendem Material, einschließlich Elektro- und Diesellokomotiven und Güterwagen, spezialisiert. Die Reparaturarbeiten finden nur in einer der Hallen statt, während der Rest des Komplexes von verschiedenen Unternehmen gemietet wird, unter anderem von einem Jachthersteller.
Ein unschätzbares Zeugnis der Industriegeschichte Danzigs
Im Jahr 2002 wurden die Anlagen in das Register der historischen Denkmäler eingetragen. Auf der Liste der geschützten Gebäude stehen unter anderem Lokomotiv- und Waggonreparaturhallen, eine Schmiede, ein Wasserturm, ein Kesselhaus und andere historische Gebäude. Der Komplex der ehemaligen Eisenbahnwerke bildet auch heute noch einen kompakten städtebaulichen und architektonischen Raum. Die einzelnen Gebäude zeichnen sich durch Backsteinfassaden aus, die mit Reliefs, verzierten Giebeln, Gesimsen und Rundbogenfenstern geschmückt sind. Es handelt sich um einen bemerkenswerten industriellen Teil der Stadt und einen unschätzbaren Teil ihres historischen Erbes.
Die Halle vor und nach dem Brand. Foto: Google Earth und gdansk.pl
Die Folgen des Brandes und die Zukunft des ZNTK in Gdansk
Die Brandursachen werden im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ermittelt, und Brandexperten werden ein detailliertes Gutachten erstellen. Die Zukunft des Geländes ist derzeit noch ungewiss, aber es wurden bereits Ideen für eine kreative Entwicklung des Geländes entwickelt. Im Jahr 2021 stellte Karol Drobniewski, ein Absolvent der Danziger Akademie der Schönen Künste, sein Diplomprojekt vor, in dem er eine neue, innovative Nutzung für das Gelände vorschlug. Wir haben HIER darüber berichtet.
Das Wichtigste ist nun, die Löschung der Halle abzuschließen und das Gelände zu sichern. Die Stadtverwaltung kündigt an, dass nach Klärung der Einzelheiten weitere Entscheidungen über den Wiederaufbau oder die künftige Nutzung des Geländes getroffen werden können.
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