ARCHITEKTUR

Apotheke “Unter der Amsel” – avantgarde-Moderne von der Oder

Die Apotheke “Pod Murzynem” (deutsch: Mohrenapotheke) ist eines der charakteristischsten Gebäude in Wrocław, das im Geiste des Modernismus erbaut wurde. Das Büro- und Dienstleistungsgebäude steht an der Nordfront des Solny-Platzes an der Hausnummer 2/3. Es wurde an der Stelle zweier älterer Bürgerhäuser errichtet, von denen eines seit dem Mittelalter eine Apotheke beherbergte. Heute ist das Gebäude u. a. Sitz der Breslauer Niederlassung der “Gazeta Wyborcza”.

An der Stelle des heutigen, avantgardistischen Gebäudes stehen seit dem Mittelalter zwei Mietshäuser. In einem von ihnen befand sich zumindest ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine Apotheke. Sie hieß von Anfang an “Mohren-Apotheke”, d.h. die Apotheke “Unter dem Neger”. Das Hauswappen mit dem Kopf eines Schwarzen und gleichzeitig der mit Exotik verbundene Name der Apotheke waren damals sehr beliebt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine lebensgroße Statue eines Negers angefertigt, um die Fassade im ersten Stock zu schmücken.

Die ehemalige Apotheke “Unter dem Neger”. Foto von Szczecinolog, CC BY-SA 4.0, über Wikimedia Commons

Die Eigentümerin des Mietshauses, Doris Leschnitzer, beauftragte 1924 einen angesehenen Breslauer Architekten, Adolf Rading, mit der Modernisierung des Hauses. Dieser führte einen Umbau im Geiste des Modernismus durch, wobei die ursprüngliche Form des Gebäudes erhalten blieb. Im Zuge der Arbeiten wurden alle historistischen Details von der Fassade entfernt und sie wurde geometrisiert. Auf der weiß gestrichenen Fassade wurden dunkle horizontale Streifen entlang der Unter- und Oberkanten der Fensteröffnungen in jedem Stockwerk und an der Dachgaube als Kontrast zum hellen Putz angebracht.

Die Apotheke “Pod Murzynem” und das benachbarte Mietshaus Oppenheim in den Jahren 1936 und 2022. Quelle: Digitale Bibliothek der Universität Wrocław und Szczecinolog, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Das Erdgeschoss, in dem sich noch die Apotheke befand, wurde mit Keramikfliesen verkleidet und das Schaufenster vergrößert. Noch interessanter war das Innere, das mit verschiedenfarbigen rechteckigen Fliesen und Spiegeln verkleidet war, die den Raum optisch vergrößerten. Rechteckige Lampen mit mattiertem Glas vervollständigten das Erscheinungsbild. Das Apothekenhaus existierte in dieser Form nur etwas mehr als zwei Jahre, da die Familie Leschnitzer bald in den Besitz des Nachbarhauses Nr. 2 gelangte, mit dessen Umbau durch Anschluss an das neu erworbene Gebäude Rading ebenfalls betraut wurde. Im Zuge der Arbeiten wurde das kleinere Gebäude abgerissen und durch einen Stahlbetonrahmenbau ersetzt.

Die Nord- und Westfassade des Solny-Platzes zu Beginn des 20. Jahrhunderts und heute. Quelle: Architekturatlas von Wrocław und Google Maps

Das Nebengebäude wurde ebenfalls abgerissen, damit der Hof bebaut werden konnte. Das Dachgeschoss des alten Gebäudes wurde ebenfalls entfernt und an seiner Stelle wurden zwei zusätzliche Stockwerke errichtet. Die Fassade wurde mit hellgrauen, undurchsichtigen Glaspaneelen verkleidet, die durch schwarze Streifen von Fensteröffnungen mit dazwischen eingesetzten schwarzen Glaspaneelen kontrastiert wurden. Hinzu kamen abgerundete Balkonbrüstungen und eine Balustrade auf der Terrasse des obersten Stockwerks. Das neu errichtete Gebäude beherbergte wieder Privatpraxen und Büros, aber auch Mietwohnungen, einen Konferenzraum, ein Inhalatorium und einen Röntgenraum. Bekannte und angesehene Ärzte aus Breslau mieteten hier ihre Praxen an. Die weiterhin betriebene Apotheke war sehr erfolgreich und verkaufte neben Medikamenten auch Kosmetika mit dem Markenzeichen des Negerkopfes.

Die nächtliche Kulisse des Gebäudes auf einem Foto von 1929 und heute. Foto: Universitätsbibliothek Heidelberg http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/form1929/0375 Die Form Jg. 1929 und Neo[EZN]/photopolska.eu, Lizenz: CC-BY-SA 3.0

In den 1930er Jahren, nach der Machtübernahme der Nazis, begann für die Familie Leschnitzer eine schwierige Zeit. Als Juden wurden sie von der Nazi-Propaganda schikaniert. Im Jahr 1939 wechselten die Apotheke und das gesamte Gebäude mit den Arztpraxen schließlich den Besitzer. Das Mietshaus wurde während der Belagerung der Stadt beschädigt und in den Nachkriegsjahren wieder aufgebaut, allerdings in einer etwas anderen Form als ursprünglich. Im Erdgeschoss wurde weiterhin eine Apotheke betrieben, während die oberen Stockwerke als Wohnungen eingerichtet wurden. Im Jahr 1993 wurde das Gebäude in die Denkmalliste eingetragen. Ende der 1990er Jahre erwarb die Żywiec Investment Group das Gebäude mit der Absicht, es zu sanieren. Das Projekt umfasste im Wesentlichen eine Rückkehr zu der von Rading entworfenen Form mit der Restaurierung der Glasverkleidung der Fassade und anderer Details.

Die Nordfassade des Salzplatzes heute. Fotograf: mamik/photopolska.eu, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Entgegen den früheren Ankündigungen des Investors wurde nach der 1998 durchgeführten Renovierung im Erdgeschoss des Gebäudes nicht eine Apotheke, sondern eine Bankfiliale eröffnet. Heute ist dort ein Gastronomiebetrieb untergebracht. Damit ging die mehr als 500-jährige Geschichte der Apotheke “Pod Murzynem” zu Ende. Bei der Renovierung wurde auch die schwarze Fenstervertäfelung aufgegeben. Stattdessen wurden die nächtlichen Beleuchtungskörper in Form von zwei Leuchtreklamen – einer vertikalen auf der rechten Seite und einer horizontalen im Erdgeschoss – und vier horizontalen Leuchtstoffröhren unter den Fensterbänken wiederhergestellt. Das letzte Element der Renovierung des Gebäudes war die Restaurierung der Negerfigur, die die Fassade ziert. Diese Aufgabe wurde im Jahr 2000 von Stanisław Wysocki, einem Bildhauer aus Wrocław, übernommen.

In den angemieteten Büroräumen in den oberen Stockwerken befindet sich derzeit unter anderem die Redaktion der Gazeta Wyborcza in Wrocław.

Quelle: wikiwand.com

Lesen Sie auch: Modernismus | Architektur in Polen | Denkmäler | Geschichte | Wrocław

Kamienica pod koniec lat 20. Źródło: "Breslau Gestern" Maciej Łagiewski, Wydawnictwo "Wokół Nas" - Gliwice 1996
Budynek apteki około roku 1927. Widoczne witryny sklepów na parterze i fragment fasady. Fot. Foto Marburg, Aufnahme-Nr. 1.164.878; (9x12); Aufn.-Datum: um 1920/1939
Witryna apteki nocą około roku 1927. Fot. Foto Marburg, Aufnahme-Nr. KBB 8.989; Aufn.-Datum: 1885/1920; Repro (1977/1982)
Budynek w 2004 r. Autor zdjęcia: Neo[EZN]/fotopolska.eu, Licencja: CC-BY-SA 3.0
Budynek w 2009 r. Fot. Wiśnia, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons
Fragment fasady z Murzynem. Fot. Julo, Public domain, via Wikimedia Commons
Postać Murzyna na fasadzie budynku – odlew ciała Eugeniusza Geta-Stankiewicza wykonany przez Stanisława Wysockiego. Fot. Volens nolens kraplak, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Gotyckie sklepienia w piwnicy budynku. Fot. mamik/fotopolska.eu, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Kamienice przy placu. Fot. Szczecinolog, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Północna pierzeja placu Solnego obecnie. Autor zdjęcia: mamik/fotopolska.eu, Licencja: CC BY-SA 4.0
Północna pierzeja placu Solnego obecnie. Autor zdjęcia: mamik/fotopolska.eu, Licencja: CC BY-SA 4.0
Kamienica nocą. Autor zdjęcia: mamik/fotopolska.eu, Licencja: CC BY-SA 4.0

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