Die Vltavská Filharmonie Praha (Moldau-Philharmonie Prag) ist eines der am meisten erwarteten Architekturprojekte in der tschechischen Hauptstadt Prag. In Zusammenarbeit mit dem Prager Institut für Planung und Entwicklung schrieb die Stadt 2021 einen internationalen Architekturwettbewerb aus, um einen neuen Konzertsaal zu entwerfen, der weltweiten Standards entsprechen sollte. Ein Jahr später wurde der Siegerentwurf ausgewählt. Das dänische Studio BIG – Bjarke Ingels Group – erhielt den Hauptpreis. Der Entwurf wurde anschließend in eine detaillierte Architekturstudie umgewandelt.
Die daraus resultierende Studie sieht den Bau eines modernen Musikzentrums im Prager Stadtteil Holešlovice vor. Das Konzept sieht nicht nur den Baukörper selbst vor, sondern auch ausgeklügelte Lösungen für den öffentlichen Raum, wie die Öffnung des Flussufers für die Öffentlichkeit und zahlreiche Terrassen, darunter eine auf dem Dach. Das Dach selbst wird hingegen eine Fortsetzung des öffentlichen Raums des Platzes sein. Dank seiner Stufenform können Spaziergänger auf die Spitze des Gebäudes steigen und das Panorama von Prag bewundern, ohne das Gebäude betreten zu müssen. Neben der neuen Begrünung wird es auch Platz für eine Plaza geben, die unter anderem für Veranstaltungen im Freien genutzt werden kann.
Der wichtigste Teil der Moldau-Philharmonie werden die Auditorien mit ihren eigenen Einrichtungen und öffentlichen Räumen sein, aber eine ebenso wichtige Rolle wird das Kreativzentrum mit einer Musikbibliothek spielen. Das Gebäude wird beherbergen: Tschechische Philharmonie, Prager Symphonieorchester FOK und die Musikabteilung der Prager Stadtbibliothek. Bei der architektonischen Studie wurden auch die Stimme und die Meinung der Öffentlichkeit, d. h. der Prager Bürger und der lokalen Interessengruppen, sowie die Meinung von Experten in den Bereichen Akustik, Verkehr und Grünanlagen berücksichtigt.
Die Moldau-Philharmonie bietet eine kompakte Struktur, die auf maximale Effizienz, leichten Zugang und Orientierung ausgelegt ist. Das neue Gebäude soll ein lebendiges Zentrum städtischer Aktivitäten sein. Das Gebäude wird in der Ecke des Geländes stehen, so dass ein großer städtischer Platz entsteht, auf den das Foyer ausgerichtet ist. Die vier Fassaden der Philharmonie ermöglichen den Zugang zum Gebäude und die Kommunikation mit den umliegenden Vierteln. Jede Seite wird einen eigenen Charakter erhalten. Das Gebäude ist diagonal angeordnet. Östlich davon entsteht ein neuer Stadtpark, während im Süden ein Zugang zum Fluss, im Westen ein Platz und im Norden ein Ausblick auf das Viertel geschaffen werden.
Pflanzen spielen eine Schlüsselrolle im Gestaltungskonzept, das sich an den Arten orientiert, die entlang des Flusslaufs der Moldau zu finden sind. Die Bepflanzung soll Geschichten über den Fluss und die Stadt erzählen. In Kombination mit wichtigen Prager Stadtpflanzen werden die ausgewählten Arten Waldbiotope imitieren und die Sorten an die Bedürfnisse der städtischen Bedingungen anpassen. Die Anpflanzungen werden sich an bestehende grüne Netze anschließen, die biologische Vielfalt der Stadt verbessern und grüne Korridore ergänzen. Die neuen Bäume werden ein schattenspendendes Blätterdach bilden, das Spaziergängern an sonnigen Tagen eine Pause verschafft. Das Herzstück des Gebäudes wird der Hauptsaal mit dem angrenzenden Foyer sein, von dem aus man einen Blick auf das historische Zentrum von Prag hat. Daneben werden der Kammersaal mit Blick auf das Wasser und der Mehrzwecksaal mit Blick auf die Stadt liegen.
Bei der Gestaltung des Gebäudes wollte das BIG-Team an die Traditionen und die Geschichte der Tschechischen Republik anknüpfen. Das verwendete Holz stammt aus dem Böhmerwald, einem Dorf an der Mündung der Moldau. Dem Entwurf zufolge dringen die Holzdecken von außen nach innen vor und symbolisieren die Offenheit des Gebäudes gegenüber seiner Umgebung. Die wellenförmige, transparente Wand der Philharmonie soll auf das reiche Erbe der tschechischen Glasindustrie verweisen. Die fließende Geometrie ist von dem benachbarten Fluss inspiriert. Schlanke Säulen stützen die Terrasse, während Holzdecken Schatten und Schutz spenden. Die Fassade, die aus unterschiedlich großen Paneelen besteht, passt sich der Morphologie des Daches an. Die Glasfassade fungiert sowohl als äußere Hülle als auch als akustisches Element. Der Granit erinnert an die traditionelle Prager Pflasterung. Die einzelnen Terrassen sind durch einen gemeinsamen Weg verbunden, der bis zur Spitze des Gebäudes führt. Hier kann man Zeit verbringen, der Musik der Stadt lauschen und die Prager Skyline genießen. Die Wege auf den Terrassen werden mit Stein- und Grünelementen gesäumt, die die Höhenunterschiede des Gebäudes ausgleichen und seine Dynamik verstärken.
Die Moldau-Philharmonie wird der Hauptinitiator für die Wiederbelebung des vernachlässigten, postindustriellen Stadtteils Bubny-Zátory sein. Schließlich sollen in dem neu erschlossenen Gebiet 25.000 Menschen leben. In den kommenden Jahren wird ein Auftragnehmer für die Arbeiten ausgewählt, und es müssen die Projektdokumentation und alle Genehmigungen abgeschlossen werden. Diese Phase wird etwa vier Jahre dauern und Hunderte von Experten aus der ganzen Welt einbeziehen. Der Bau der Einrichtung soll 2027 beginnen, die Eröffnung ist für 2032 geplant.
Projekt: Studio BIG – Bjarke Ingels Group
Projekt-Website: www.vltavskafilharmonie.cz
Projektjahr: 2022
Jahr der Fertigstellung: 2032
Fotograf: BIG – Bjarke Ingels Group
Über das Studio:
BIG – ein 2001 von Bjarke Ingels und Julien De Smedt in Kopenhagen gegründetes Architekturbüro. Zu den weiteren Projekten des Büros gehören die Kopenhagener Hafenbäder und das Maritime Jugendhaus.
Quelle: Bjarke Ingels Group
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